3 Perspektiven auf die (digitale) Welt

Der Digitalpakt ist durch. Schlussendlich ist im geänderten Grundgesetzartikel zu lesen:

Der Bund kann den Ländern Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen sowie besondere, mit diesen unmittelbar verbundenen, befristeten Ausgaben der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der kommunalen Bildungsinfrastruktur gewähren.

Bei der Frage, ob der Digitalpakt seine Möglichkeiten ausschöpft bzw. was geschehen müsste, damit er das tut, ist eine Orientierung hilfreich, wie sie die Dagstuhl-Erklärung (hier geht es zur vollständigen pdf-Fassung) liefert.

Dort sind programmatische Forderung der Gesellschaft für Informatik e.V. hinterlegt, die Perspektiven für eine Bildung in der digital venetzten Welt aufzeigen.

Kennzeichnend ist dabei v.a. die integrative Perspektive, die auf „Erscheinungsformen der Digitalisierung“ gerichtet ist. Dieser unaufgeregte phänomenologische Blick kann helfen. Er kann helfen bei der oben angesprochenen „Steigerung der Leistungsfähigkeit der kommunalen Bildungsinfrastruktur“. Diese soll ja zu Bildung führen. Und Bildung schließt immer die Beziehung von Mensch und Welt ein. Und wie jede Beziehung, gilt es diese zu gestalten. Und das gelingt besonders mit einer offenen Haltung, einer fragenden Annäherung an das, was sich mir zeigt.

Und andersherum zeigt sich mir mitunter erst Etwas, wenn ich entsprechende Fragen stelle. Und Fragen stelle ich dann, wenn ich dem mir Erscheinenden eine gewisse Frag-Würdigkeit zugestehe. Und Fragwürdigkeit ist wiederm nicht zu verwechseln mit Risikobeschwörung. Etwas fragwürdig werden zu lassen bzw. das Erscheinende fragwürdig zu machen, um es dann zu verstehen und differenziert betrachten zu können, ist ein zentrales Bildungsziel.

Mit dem Begriff „Erscheinungsformen“ ist ein (komplexitäts-)angemessener, desktriptiver Rahmen für die Gestaltung von Bildungsangeboten gesetzt. Ein Hindernis für die aufgeklärte und rationale Auseinandersetzung mit möglichen (technologischen) Zukünften ist ja gerade die reflexhaft unreflektierte Bewertung von Entwicklungen.

Hier ist Verlangsamung geboten.

Originalton Dagstuhl-Erklärung:

Die digitale vernetzte Welt beeinflusst mit ihren Phänomenen, Artefakten, Systemen und Situationen die Lebenswelt der Schüler_innen und direkt oder indirekt den Unterricht. Um den Bildungsauftrag zu erfüllen und eine nachhaltige und strukturell verankerte Bildung für die digitale vernetzte Welt zu gewährleisten, müssen in der Schule daher die Erscheinungsformen der Digitalisierung unter verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. Jede Erscheinungsform hat sowohl technologische, gesellschaftlich-kulturelle als auch anwendungsbezogene Aspekte, die sich gegenseitig beeinflussen. Daher kann nur deren gemeinsame didaktische Bearbeitung zu einer fundierten und nachhaltigen Bildung in der digitalen vernetzten Welt führen.

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(eigene Darstellung, in Anlehung an das Dagstuhl-Dreieck)

Orginalton Dagstuhl-Erklärung:

Die technologische Perspektive hinterfragt und bewertet die Funktionsweise der Systeme, die die digitale vernetzte Welt ausmachen. Sie gibt Antworten auf die Frage nach den Wirkprinzipien von Systemen, auf Fragen nach deren Erweiterungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Sie erklärt verschiedene Phänomene mit immer wiederkehrenden Konzepten. Dabei werden grundlegende Problemlösestrategien und -methoden vermit-telt. Sie schafft damit die technologischen Grundlagen und Hintergrundwissen für die Mitgestaltung der digitalen vernetztenWelt.

Die gesellschaftlich-kulturelle Perspektive untersucht die Wechselwirkungen der digitalen vernetzten Welt mit Individuen und der Gesellschaft. Sie geht z. B. den Fragen nach: Wie wirken digitale Medien auf Individuen und die Gesellschaft, wie kann man Informationen beurteilen, eigene Standpunkte entwickeln und Einfluss auf gesellschaftliche und technologische Entwicklungen nehmen? Wie können Gesellschaft und Individuen digitale Kultur und Kultivierung mitgestalten?

Die anwendungsbezogene Perspektive fokussiert auf die zielgerichtete Auswahl von Systemen und deren effektive und effiziente Nutzung zur Umsetzung individueller und kooperativer Vorhaben. Sie geht Fragen nach, wie und warum Werkzeuge ausgewählt und genutzt werden. Dies erfordert eine Orientierung hinsichtlich der vorhandenen Möglichkeiten und Funktionsumfänge gängiger Werkzeuge in der jeweiligen Anwendungsdomäne und deren sichere Handhabung.

Das Ganze als Film:

 

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